Gute Arbeit bleibt Ausnahme – Thüringen braucht ein Update seiner Arbeitspolitik

Lena Saniye Güngör, arbeitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Thüringer Landtag, zum heute veröffentlichten DGB-Index Gute Arbeit 2024: „Es gibt keine Freiheit in der Lohnarbeit, wenn der Lohn nicht reicht, die Zeit nicht reicht und die Kraft nicht reicht. Der Bericht ist eine deutliche Warnung und ein klarer Auftrag an die Politik. Wer heute in Thüringen pflegt, unterrichtet, im Warenlager arbeitet oder im Handel steht, spürt tagtäglich, dass sich etwas ändern muss. Arbeitshetze, Personalmangel, unsichere Perspektiven und zu geringe Löhne sind keine Naturgesetze, sondern das Ergebnis politischer Entscheidungen und politischer Unterlassungen.“

Der Index zeige, so die Abgeordnete weiter: „Viele Beschäftigte in Thüringen erleben ihre Arbeit als belastend, unsicher und zu schlecht bezahlt. Zwar gibt es Fortschritte gegenüber der letzten Erhebung im Jahr 2018, etwa bei der Einschätzung der Beschäftigungssicherheit oder beim Einkommen, aber sie reichen nicht aus. Noch immer liegt die Arbeitsqualität in Thüringen unter dem Durchschnitt in Ostdeutschland und im Bundesgebiet. Besonders schlecht schneiden dabei die Bewertung der körperlichen Belastung, die Arbeitsintensität und die Rentenerwartungen ab. Gute Arbeit ist für viele Menschen im Land nicht die Regel, sondern die Ausnahme.“

Güngör betont, dass die aktuelle Erhebung nur deshalb vorliegt, weil Die Linke, SPD und Grüne im Landeshaushalt 2024 die nötigen Gelder in Höhe von 100.000 Euro dafür bereitgestellt hatten: „Dass wir heute überhaupt wissen, wie es um die Arbeit in Thüringen steht, ist das Ergebnis linker Regierungspolitik. Wir haben durchgesetzt, dass wieder hingeschaut und hingehört wird.“

Die Ergebnisse des Berichts zeigten laut der Abgeordneten deutlich, dass der sogenannte Arbeitnehmermarkt, also die bessere Verhandlungsposition von Beschäftigten angesichts des Fachkräftemangels, nicht automatisch zu besseren Arbeitsbedingungen führe. Im Gegenteil: viele Beschäftigte berichteten, dass die Lücken in den Teams zu Mehrarbeit, Unzufriedenheit und Kündigungswellen führten, so Güngör.

Besonders betroffen sind laut Bericht Berufe mit hoher Verantwortung und geringer Planbarkeit, etwa in der Pflege oder der Bildung. Hier zeige sich ein gefährlicher Teufelskreis: „Zu wenig Personal führt zu Überlastung, Überlastung zu Teilzeit, Teilzeit zu noch weniger Personal. Wer das ändern will, muss Arbeit endlich so gestalten, dass Menschen sie bis zur Rente gesund und gern machen können“, bekräftigt Güngör.

Die Linke, betont die Abgeordnete, fordere deshalb eine grundlegende Neuausrichtung der Arbeitspolitik in Thüringen: „Öffentliche Gelder dürfen nicht mehr in Unternehmen fließen, die sich Tarifverträgen entziehen. Die Arbeitszeit muss schrittweise verkürzt werden, ohne dass Lohn oder Personal darunter leiden. Weiterbildungsangebote dürfen nicht vom Glück größerer Betriebsstrukturen abhängen, sondern müssen für alle erreichbar sein. Die besondere Belastung von Frauen, Älteren und Menschen in pflegenden oder erziehenden Berufen muss politisch berücksichtigt und ausgeglichen werden.“

Güngör erklärt abschließend: „Gute Arbeit ist kein Luxus, sondern das Rückgrat einer gerechten Gesellschaft. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass Menschen gesund bleiben, ihre Kinder versorgen können und auch in der Rente nicht in Armut fallen. Wenn wir das ernst meinen, dann müssen wir aufhören, uns mit Mittelwerten zufriedenzugeben. Es geht darum, normative Maßstäbe in den Mittelpunkt zu stellen, nicht technokratische Kennziffern. Wir brauchen folglich eine Arbeitspolitik, die den Menschen nützt.“